Luitgard wurde im Jahre 1291 nahe Schenkenzell im Schwarzwald geboren. Nach Angaben des Ökumenischen Heiligenlexikons war sie die Tochter eines wohlhabenden Bauern und wurde mit einer leichten Behinderung, einem schiefen Hals, geboren. Schon als Kind hatte sie sich durch große Frömmigkeit und Hilfsbereitschaft ausgezeichnet. Mit zwölf Jahren fand sie Aufnahme in einem Beginenhaus, wo sie 20 Jahre lang in Armut lebte.
Im Jahr 1324 erschien Christus der jungen Luitgard und trug ihr die Gründung eines Klosters auf. Sie setzte alles daran, diesen Auftrag zu erfüllen und überwand dabei Ängste, Anfeindungen sowie große Entbehrungen. Nachdem sie die Gelder für das Vorhaben zusammen bekommen hatte, zog sie ins Witticher Tal und gründete dort für sich und 34 Mitschwestern eine Klause. Die Anzahl 34 setzt sich aus den 33 Jahren, die Jesus auf Erden wandelte und dem 1 Jahr, das er im Mutterschoß der heiligen Jungfrau Maria verbracht hat, zusammen. Im Kinzigtal wird sie daher als „Heilige des Mutterschoßes“ verehrt und bei Problemen während der Schwangerschaft, bei Fehlgeburten oder bei unerfülltem Kinderwunsch um Beistand angerufen.
Bis zu ihrem Tod war Luitgard Äbtissin des Klosters und die Anzahl der Schwestern verdoppelte sich zu ihren Lebzeiten. Luitgards Charismen wurden immer auffälliger, ihr wurden mystische Gnadenerweise zuteil: Gott heilte durch Sie Kranke und schenkte ihr Visionen über zukünftige Ereignisse. In Schaffhausen hatte sie eine Vision des Fegefeuers und entwickelte ein dem Rosenkranz ähnliches Gebet, den sogenannten Himmlischen Hof. Dabei werden für jedes Lebensjahr Jesu jeweils 1000 Vaterunser, Ave Maria und Ehre sei dem Vater gebetet, um im Himmel mit jedem Tausendstel einen Heiligen oder einen Engel anzurufen. Die 34 Angerufenen ergaben dann eine mit dem Anliegen des Beters betraute Gemeinschaft, die etwa dem Hofstaat eines Fürstenhofes entsprach. Diese Andacht fand Verbreitung und wurde noch bis ins 17. Jahrhundert im Kloster Wittichen regelmäßig durchgeführt.
Luitgard war, wie schon in ihrer Kindheit und Jugend, von großer Liebe zu ihren Mitmenschen erfüllt. Dies zeigte sich durch eine extreme Freigebigkeit. Es kam öfters vor, dass sie lieber selbst Hunger litt, als einem Armen oder Kranken ein Stück Brot zu versagen. Als der „Schwarze Tod“ über Mitteleuropa hereinbrach, pflegte Luitgard selbstlos Pestopfer und fiel am 16. Oktober 1349 selbst der tödlichen Seuche zum Opfer.
Als ihr Sarg im Jahr 1629 geöffnet wurde, fand man ihr Gehirn der Überlieferung zufolge völlig unversehrt vor – für die Zeitgenossen ein unerklärliches Wunder. Seither pilgern zahlreiche Gläubige nach Wittichen, um im Gebet Kraft und Trost zu erbitten. Obwohl sie nie selig- oder gar heiliggesprochen wurde, wird Luitgard bis heute verehrt. Auch Jakobspilger, die auf dem Kinzigtäler Jakobusweg in Richtung Santiago ziehen, nutzen Wittichen als Zwischenstation. Höhepunkt der Verehrung ist das Luitgard Fest. Es findet in Wittichen jeweils am zweiten Sonntag im Oktober statt, also stets um den Todestag der Volksheiligen. Nach einem feierlichen Gottesdienst in der Klosterkirche zieht am Nachmittag eine bunte Prozession zu Ehren Luitgards durch das Witticher Tal.
Luitgard zieht mit ihren Gefährtinnen ins Kloster Wittichen ein, 1745, aus der Vita beatae Luitgardis, in der Fürstenbergischen Hofbibliothek in Donaueschingen.
Lebzeiten im ganzen Abendland berühmt war. Heinrich Seuse war Schüler von Meister Eckehart in Köln , und einer der großen Vorkämpfer der mittelalterlichen Mystik. Zwischen Luitgard und Heinrich Seuse lassen sich viele Parallelen ziehen: Beide waren von alemannischer Gemütstiefe und Zähigkeit, beide gehörten Bettelorden an (Seuse war Dominikaner) und beide waren viel auf Reisen, zum Teil an den gleichen Orten (Töss). Beide verkehrten bei den «Gottesfreunden» am Oberrhein, beide waren mystisch und asketisch veranlagt und hatten Visionen und Ekstasen….. …..Beide, die Heilige aus dem Schwarzwald und der Heilige aus den Obwaldner Alpen (Hl. Klaus von Flüe), waren friedfertige Naturen, die die Menschen mit Gott und damit auch untereinander versöhnen wollten. Die angestellten Vergleiche zeigen, dass Luitgard eine Heilige von Format ist. Auch das Thema ihrer Botschaft hat uns gezeigt, dass ihre Stunde erst im Anbrechen ist….. …..Ich kenne kaum ein Heiligenleben, das soviel Frische und Originalität ausstrahlt und das gerade für unsere Zeit so von besonderer Leuchtkraft und Aktualität ist wie das Leben der hl. Luitgard….. …..«Ich, Berchtoldus, ein armer Priester, war Kirchherr zu Bombach …
Wir haben die Geschichte einer Seele vor uns, Erzählungen einer Pilgerin aus dem Schwarzwald, die für ihr Kloster betteln ging und dabei bis in die Schweiz, bis nach Straßburg, nach Avignon und einmal sogar bis nach Südtirol kam.
Wir möchten Dir heute eine Volksheilige aus den Schwarzwald vorstellen. Als Jesus Christus ihr im Jahre 1324 erschien, erhielt Sie den Auftrag ein Kloster in Wittichen zu gründen. Der Plan einer mittellosen Frau, zuhinterst im Schwarzwald ein Kloster zu gründen, kam den Zeitgenossen derart unwirklich und utopisch vor, dass die Königin Agnes von Ungarn, die zu jener Zeit in Königsfelden in der Schweiz weilte, erklärte: Wenn Luitgard dieses Projekt verwirkliche, sähe sie darin einen Beweis dafür, dass dieses Werk wirklich von Gott stamme.