Heiliger „Gabriel Possenti“ – Patron der Jugendlichen und Studenten

Am 1. März 1838 wurde im Palast des päpstlichen Gouverneurs ein Junge geboren. Seine Eltern waren Sante Possenti aus Terni, Stadtoberhaupt des damals zum Kirchenstaat gehörigen Assisi, und seine Frau Agnese, die aus Civitanova/Marche stammte. Es war ihr elftes Kind.

Als Francesco dreieinhalb Jahre war, zog die Familie nach Spoleto um. Am 9. Februar 1842 starb seine Mutter im Alter von 41 Jahren. „Checchino“, wie Francesco im Kreis seiner Familie genannt wurde, erwählte sich Maria zu seiner Mutter.

Da er ein lebendiger und intelligenter Schüler war, wurden seine schulischen Leistungen wiederholt mit Preisen belohnt. Er achtete auf elegante und modische Kleidung, liebte die Jagd und besuchte das Theater und andere Gesellschaften. Bei Schulaufführungen war er oft gefeierter Mittelpunkt. Er war geboren für die Freundschaft und die Seele der Jugend Spoletos. Wo er hinkam, säte er Freude aus. Er hatte eine große Karriere vor sich.

Zu Beginn des Jahres 1854 erkrankte Francesco an einer gefährlichen Halsentzündung. Sein Zustand war sehr kritisch, doch die Familie versammelte sich, wie jeden Tag, zum Gebet und flehte Gott um Heilung an. Als großen Fürsprecher wählte man den damals jüngst seliggesprochenen Andreas Bobola.

Dieser Heilige hatte schwerste Qualen in seinem Martyrium erlitten. Francesco betete zu diesem Märtyrer und versprach, sich ganz Gott zu weihen, wenn er wieder gesund würde. Gott erhörte ihn, und er wurde von seinem Leiden geheilt.

Manchmal bedarf es jedoch eines einschneidenden Erlebnisses, bevor ein lang andauernder Entscheidungsprozess zum Abschluss kommt. Ein solches Erlebnis hatte Francesco am 22. August des Jahres 1856. Es war der Oktavtag des Festes Mariä Himmelfahrt. Die „Hl. Ikone“, das hochverehrte Marienbild Spoletos, wurde von Erzbischof Arnaldi in feierlicher Prozession durch die Straßen und Gassen der Stadt getragen. Auch Francesco befand sich unter den Menschen, die die Wege säumten. Als das Bild an ihm vorübergetragen wurde, glaubte Francesco, die Augen der Madonna würden plötzlich lebendig und schauten ihn an. In seinem Innern hörte er zu gleicher Zeit eine Stimme, die sprach: „Auf was wartest du? Folge deiner Berufung!“ Wie betäubt entfernte sich Francesco aus der Menge der Umstehenden, die kaum wahrnahmen, was mit ihm vorging. Nun war er fest entschlossen, alle Hindernisse zu überwinden und ins Kloster einzutreten.

Trotz der Frömmigkeit seines Vaters Sante Possenti war dieser das größte Hindernis, das es nun zu überwinden galt. Für Francescos Vater war es ein harter und schmerzlicher Kampf mit seinen Gefühlen. Er musste aber schließlich erkennen, dass es seinem Sohn wirklich ernst war, und so willigte er ein.

Bereits am 21. September 1856 wurde er mit dem Habit der Passionisten bekleidet und erhielt den Ordensnamen Gabriel von der schmerzhaften Muttergottes. P. Norberto Cassinelli (1829 – 1911) führte Francesco in die neue Umgebung ein.

Im Ordensleben fand er sein Glück, so sehr, dass er an seinen Vater schrieb: „Mein Leben ist eine einzige Freude. Die Zufriedenheit, die ich verspüre, ist einfach unaussprechlich. Ich würde nicht einmal eine Viertelstunde dieses Lebens eintauschen.“ An anderer Stelle schrieb er: „Die Zufriedenheit und die Freude, die ich innerhalb dieser heiligen Mauern fühle, ist einfach unaussprechlich im Vergleich zu dem eitlen und leichtfertigen Zeitvertreib, den man in der Welt auskostet.“

Am 20. Juni 1858 wurde Confrater Gabriel in das Kloster Sant´Agostino in Pievetorina versetzt, um dort seine philosophischen Studien zu beginnen. Er erkrankte jedoch bald wiederum an einer gefährlichen Halsentzündung mit Bronchitis, von deren Folgen er sich nie mehr richtig erholen sollte. Diese Krankheit ließ zum ersten Mal den Verdacht auf Tuberkulose aufkommen.

Die Tage des Studiums und des Gebetes waren aber für Gabriel und seine Mitstudenten bald gezählt. Die politische Situation begann sich bemerkbar zu machen. Italien geriet durch die diplomatische Taktik Cavours in seinen zweiten großen Unabhängigkeitskrieg (1859). Piemontesische Truppen waren im Begriff, in den Kirchenstaat einzumarschieren. Deshalb sollen die Studenten in ein anderes Kloster übersiedeln, das ihnen größere Sicherheit versprach. Der Konvent von Isola zu Füßen des Gran Sasso d´Italia, im Königreich Neapel, wurde dazu auserwählt. Dort verbrachte Confrater Gabriel die letzten zweieinhalb Jahre seines Lebens und verstarb am 27. Februar 1862 an Lungentuberkulose.

Nach der Erhebung seiner Gebeine 1892 verbreitete sich sein Ruhm wie ein Lauffeuer, und es ereigneten sich die ersten Wunder.

Am 31. Mai 1908 wurde er von Papst Pius X. selig- und am 13. Mai 1920 von Papst Benedikt XV. heiliggesprochen. Das Geheimnis seiner Heiligkeit bestand darin, den Alltag außerordentlich gelebt zu haben, als wahrer Liebender Gottes, des Kreuzes und der Schmerzhaften Mutter. „Er hat mit dem Herzen gearbeitet“, pflegte sein Seelenführer zu sagen.

Dieser junge Mann, der zur Ehre der Altäre erhoben wurde, war ein Suchender gewesen. Er suchte nach letztem Glück, nach einer besseren Welt und wahrer Lebensfreude. Darin gleicht er vielen jungen Menschen unserer Zeit. Auf dem Weg der Liebe zum Gekreuzigten und seiner Mutter Maria hatte Gabriel dies alles gefunden. Deshalb kann dieser jugendliche Heilige all denen Fürsprecher und Helfer sein, die auf der Suche sind nach einer Freude, die nie vergeht. In besonderer Weise ist er deshalb auch der Patron der Jugendlichen und Studenten.

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