„Heute sieht der Mensch den Körper nicht als den Bereich seiner Freiheit, sondern als ein etwas, das er auf seine Weise zugleich genussvoll und unschädlich zu machen versucht. In Wirklichkeit stehen wir dabei vor einer Entwürdigung des menschlichen Leibes, der nicht mehr ins Ganze der Freiheit unserer Existenz integriert, nicht mehr lebendiger Ausdruck der Ganzheit unseres Seins ist, sondern gleichsam ins bloß biologische zurückgestoßen wird.“ (Nr. 5)

Gilt heute nicht der Slogan vor der sexuellen Freiheit? Wie ist dann Papst Benedikt zu verstehen, wenn er sagt, dass der moderne Mensch seinen Leib vom „Bereich seiner Freiheit“ fernhält? Offensichtlich handelt es sich um zwei völlig verschiedene Auffassungen von Freiheit. Johannes Paul II. sagte einmal, dass der Mensch in dem Maß seine Freiheit versteht, in dem er frei ist. Mit anderen Worten: Jemand, der nicht wirklich frei ist, wird die Freiheit ganz anders verstehen als jemand, der es ist.

Der Mensch, der nicht frei ist, versteht Freiheit als ein „Abschütteln der Fesseln“ der moralischen Gesetze, sodass er seinen Gelüsten ohne Einschränkung nachgehen kann. Er lebt nach dem Motto: „Folge deinen Gefühlen, wie es dich eben überkommt und lass dich durch nichts daran hindern!“

Macht uns das frei? Macht das überhaupt Sinn?

Soll ich meinem Drang, jemanden umzubringen, einfach nachgeben, nur weil es mich überkommt? Würde es mich frei machen, wenn ich das bedrückende Gesetz „Du sollst nicht töten“ abwerfe und meinem Drang einfach nachgebe? Oder würde es nicht vielmehr zeigen, dass ich vom Drang zu töten versklavt bin?

Nichts anderes ist die Freiheit, bei der man „tut, was sich gut anfühlt“, ungehindert von der Tyrannei des Gesetzes. Das christliche Verständnis von Freiheit hingegen ist „zu tun, was gut ist“, ungehindert von der Tyrannei der Sünde. Aus christlicher Sicht kommt Befreiung nicht durch die Freiheit zu sündigen, sondern durch die Freiheit von der Sünde, d.h. die Freiheit vom Zwang, eine Sünde zu begehen.

Freiheit besteht also nicht darin, unseren Trieben nachzugeben, sondern darin, von ihnen befreit zu werden.
Nur wer sich von der Herrschaft seiner Begierden löst, kann wahrhaft lieben. Ohne diese Freiheit ist Liebe unmöglich.

Oft nennen wir das, was in Wirklichkeit Selbstbefriedigung des Egoismus ist, „Liebe“. Doch was wir dabei suchen, ist nicht der andere Mensch, sondern das eigene Vergnügen. Im besten Fall ist das nur ein Schatten der Liebe; im schlimmsten Fall ihr Gegenteil – denn dann gebrauchen wir den anderen als Mittel für uns selbst, auch wenn das heute als normal, natürlich oder plausibel gilt.

Das eigentliche Problem liegt in der fehlenden Einheit von Leib und Seele.
Der integrierte Mensch versteht Freiheit als Befreiung von der Sünde; der nicht-integrierte Mensch meint, Freiheit bestehe in der Möglichkeit zu sündigen.
Wo Leib und Seele voneinander getrennt werden, verliert der Mensch die Bedeutung seiner Leiblichkeit. Sexualität wird dann „in das bloß Biologische zurückgestoßen“ –Sex ist für uns dann nichts weiter als die Paarung irgendwelcher Körperteile.

Als solches wird Sex unmenschlich, animalisch und somit unmoralisch – d.h. abseits jeglicher moralischen Verantwortung oder, wie es Benedikt bezeichnet, abgeschnitten vom Leib als „Bereich wahrer Freiheit.“

Für den integrierten Menschen – das ist die katholische Haltung – „berührt die Geschlechtlichkeit alle Aspekte des Menschen in der Einheit seines Leibes und seiner Seele“ (KKK, Nr. 2332). Sie ist keineswegs etwas rein Biologisches, sondern betrifft den innersten Kern der menschlichen Person als solcher (Familiaris Consortio Nr. 11).

Welche Haltung entspricht mehr dem Leben, das wir suchen? Welche Haltung bietet eine größere Chance, die Liebe zu finden, die wirklich Erfüllung bringt?

Dort, wo Leib und Seele miteinander in Einklang stehen, entsteht jene Freiheit, die fähig macht, wahrhaft zu lieben.

Darum müssen wir uns fragen:

Welche Haltung entspricht mehr dem Leben, das wir suchen?
Welche Haltung öffnet uns die größere Chance, die Liebe zu finden, die wirklich Erfüllung bringt – eine Liebe, die bleibt, weil sie aus Gott kommt?

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