Benedikt XVI „Wiederholt sich die Geschichte im Bezug auf den Eros“

Die Griechen durchaus verwandt mit anderen Kulturen – haben im Eros zunächst den Rausch, die Übermächtigung der Vernunft durch eine „Göttliche Raserei“ gesehen, die den Menschen aus der Enge seines Daseins heraustreibt und ihn in diesem Überwältigt werden durch die göttliche Macht die höchste Seligkeit erfahren lässt… In den Religionen hat sich diese Haltung in der Form der Fruchtbarkeitskulte niedergeschlagen, zu denen die „Heilige“ Prostitution gehört, die in vielen Tempeln blühte. Eros wurde als göttliche Macht gefeiert, als Vereinigung mit den Göttlichen. (Nr. 4)

In unserer modernen hedonistischen Welt scheint sich die Geschichte zu wiederholen. Wo immer der Mensch heute „anbetet“, mit den Smartphone, vor dem Fernsehen, im Internet, im Fußballstadion, überall dort finden wir auch die „Tempelprostituierten“, die uns verführen wollen, indem sie irdische Glücksseligkeit versprechen. Sex ist zur Religion unserer Zeitspanne geworden.

Selbst wenn wir das Zerrbild der Sexualität registrieren, sollten wir das Kind nicht mit den Bade ausschütten. Hinter der götzenhaften Sexbesessenheit unserer Gesellschaft findet sich ein wesentliches Element der Wahrheit. Hinter jedem falschem Gott entdecken wir unsere fehlgegangene Sehnsucht nach dem wahren Gott. Wenn wir unsere irregeleiteten sexuellen Sehnsüchte entwirren, entdecken wir die verblüffende Herrlichkeit der Sexualität im göttlichen Plan. Warum?

„Darum ……  werden die beiden ein Fleisch sein.“ Warum? Um die ewige Vereinigung von Christus und der Kirche zu offenbaren, zu verkünden und vorauszuahnen. (vgl. Eph 5,31-32)

Die leidenschaftliche Vereinigung von Mann und Frau ist nach dem Plan Gottes ein Bild, ein irdisches Zeichen, das über sich hinausweist und uns unsere Bestimmung zeigt: auf ewig mit Gott vereint zu sein. Verlieren wir jedoch unsere Bestimmung aus den Augen, verlieren wir die Vereinigung mit Gott als unsere letzte und höchste Erfüllung aus dem Blick, dann neigen wir dazu, unsere ganze Hoffnung an das irdische Bild zu hängen. Das Bild wird zu Götzenbild und wir huldigen die Sexualität um ihrer selbst willen.

Die Sünde bringt es mit sich, dass wir unsere Sehnsucht nach dem Unendlichen mit endlichen Dingen verwechseln. Die sexuellen Vereinigung, so schön und freudvoll sie nach Gottes Plan ist, ist und bleibt etwas Endliches. Sie kann niemals unsere Sehnsucht nach dem Unendlichen stillen. Sie kann immer nur eine Vorausahnung, ein Vorgeschmack dieser Erfüllung sein. Deshalb sagt Jesus, dass die Menschen nicht mehr heiraten werden, wenn sie bei der Auferstehung das Unendliche erlangen (vgl. Mt 22,30). Mit anderen Worten: Man braucht kein Bild mehr, das auf den Himmel verweist, wenn man bereits im Himmel ist.

Was soll ich also tun, wenn ich die Sehnsucht nach dem Unendlichen spüre und danach leben will? Wenn ich Gott suche, soll ich dann die endlichen Dinge zurückweisen? Nein! Das ist ein klassischer Irrtum. Je mehr wir hier auf Erden bereits mit Gott vereint leben, desto mehr erhalten alle Dinge dieser Erde und möglicherweise in besonderer Weise die eheliche Vereinigung ihr wahres sakramentales Gesicht als einen Vorgeschmack auf den Himmel. Je enger wir uns mit Christus verbinden, umso weniger werden die Freuden dieser Erde eine „Gelegenheit zur Sünde“, sondern sie werden zunehmend zu Wegweisern zum Himmel.

 

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